Wie Gründer einen Business Angel finden: Interview mit Arne Paul Oltmann von seedfeed

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Jährlich investieren hierzulande rund 10.000 „Business Angel“ zwischen 200 und 300 Mio. Euro in junge Unternehmen. Tendenz steigend – im Vergleich zu den USA aber immer noch wenig. Dort sollen es etwa das 20-fache an Business Angels sein, die Startups mit rund 25 Mrd. Dollar pro Jahr finanzieren. Wer es schafft, einen solchen Engel zu finden, gewinnt in der Regel nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern auch handfestes Know-how und ein gutes Netzwerk.

In unserem Interview verrät Arne Paul Oltmann, Gründer und Geschäftsführer von seedfeed, wie Gründer einen solchen Business Angel finden.

SmartBusinessPlan: Hallo Arne Paul. Du bist also ein Unternehmensengel und unterstützt deine Schützlinge überall dort, wo sie Unterstützung benötigen: Bei der Gestaltung ihrer Unternehmensprozesse, bei administrativen Aufgaben, bei der Vertragsgestaltung, bei arbeitsrechtlichen Fragestellungen, bei der Verhandlung mit Lieferanten oder Banken, und natürlich bei der Gewinnung neuer Kunden. Wie kommt man denn dazu? War das schon immer dein Berufswunsch – wie andere Grundschullehrer werden wollen?

Arne Paul Oltmann: Lehrer wollte ich in meiner Kindheit auch schon mal werden. Ganz so alt ist der „Berufswunsch: Business Angel“ bei mir aber sicherlich nicht. Der ist bei mir erst vor einigen Jahren gewachsen, was sicherlich dadurch gefördert wurde, dass dann auch entsprechende zeitliche wie finanzielle Kapazitäten zur Verfügung standen. Das Entrepreneurship-Thema hat mich aber in unterschiedlichen Rollen bereits seit meinem Studium begleitet und ist sicherlich eine Leidenschaft von mir.

SmartBusinessPlan: Was zeichnet einen Business Angel genau aus?

Arne Paul Oltmann: Das ist jemand, der sich finanziell an Unternehmen beteiligt und gleichzeitig die Existenzgründer mit Know-how und Kontakten in einer typischerweise sehr frühen Phase ihrer Gründung unterstützt. Nicht selten handelt es sich bei Business Angels selbst um ehemalige Gründer, die nach dem erfolgreichen Verkauf ihres Unternehmens das so erworbene Kapital und ihr Entrepreneurship-Know-how in junge Unternehmen einbringen. Häufig sind es aber auch erfahrene Unternehmer oder leitende Angestellte, die aufgrund ihrer langen Berufstätigkeit über mehr Management-Erfahrung und Kontakte verfügen als die Gründer selbst.

SmartBusinessPlan: Was charakterisiert einen typischen Business Angel?

Arne Paul Oltmann: Wenn man den Statistiken glauben darf, ist der typische Business Angel männlich, zwischen 40 und 65 Jahre alt und aus West-Deutschland. Dabei hat er einen kaufmännischen Hintergrund und als ehemaliger Unternehmer und das eigene Unternehmen erfolgreich verkauft. In der Realität ist es natürlich nicht ganz so stereotyp. Vielmehr handelt es sich um eine sehr heterogene Gruppe von sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten. Was alle verbindet ist sicherlich eine gewisse Risikobereitschaft und ein leidenschaftliches Interesse an neuen Ideen.

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SmartBusinessPlan: Was unterscheidet denn einen Business Angel von einem reinen Investor, einem Berater oder einem Mentor?

Arne Paul Oltmann: Ein reiner Finanzinvestor unterstützt das Startup nur mit Kapital, ein Berater hilft mit seinem Know-how und erwartet dafür eine Aufwandsvergütung, während ein Mentor sein Know-how und ggf. noch Kontakte vermittelt, ohne sich zu beteiligen. Tja, und ein Business Angel kann alles (lacht): Er stellt sein Kapital zur Verfügung, wirkt mit seiner langjährigen Erfahrung aktiv ins Geschäftsgeschehen ein und hilft mit seinem großen Netzwerk. Für Gründer also ein ganz attraktiver Mix.

SmartBusinessPlan: Ist es denn so schwer, einen Business Angel zu finden? Wie viele gibt es denn überhaupt?

Arne Paul Oltmann: Zu dem Thema gibt es gar nicht allzu viele belastbare Erhebungen. Laut einer jüngeren Studie von KfW und dem ZEW Mannheim investieren in Deutschland bis zu 12.000 Privatpersonen in Startups. Davon sind aber nur etwa zwischen 6.000 und 9.000 Investoren als Business Angels zu charakterisieren. Die übrigen fallen eher in die Kategorie „Family & Friends“ und investieren z.B. im unmittelbaren Familienumfeld. Das Problem ist dabei aber der Zugang. Nur ca. 1.500 der Business Angels sind in sogenannten Business-Angel-Netzwerken organisiert. Die kann man wenigstens irgendwie ansprechen. Bei den anderen ist nicht so einfach, sie aufzustöbern.

SmartBusinessPlan: Wie viel Euro investiert ein Business Angel denn so pro Engagement?

Arne Paul Oltmann: Laut einer ZEW-Untersuchung aus 2014 im Durchschnitt sind es 55.000 € pro Engagement. Die Bandbreite reicht dabei von etwa 20.000 € bis zu über 1 Mio. €. Typische Angel-Tickets liegen aber im Bereich 50.000 bis 100.000 €. Aber selten investiert ein Business Angel alleine. Als Privatpersonen sind wir knapp an Zeit und an Investitionsgeld. Daher lieben wir Co-Investments. Laut einer anderen Untersuchung tätigen wir über die Hälfte unserer Investitionen gemeinsam mit anderen Business Angels, fast genauso oft mit anderen Typen von Investoren wie Venture Capital Gesellschaften o.ä., aber so gut wie nie ganz alleine (3%).

SmartBusinessPlan: Und zu wie vielen solcher Engagements kommt es – wenn ich fragen darf – dann pro Jahr bei seedfeed?

Arne Paul Oltmann: Im Durchschnitt so etwa 3-4 Investments pro Jahr.

SmartBusinessPlan: Seid Ihr dabei auf eine Region oder auf eine Branche festgelegt?

Arne Paul Oltmann: Wir versuchen uns auf die Metropolregion Rhein-Ruhr zu fokussieren. Vom Standort Mettmann aus kann man da auch dem eigenen Anspruch gerecht werden, für die Gründer „greifbar“ und einigermaßen regelmäßig auch persönlich präsent zu sein. Wenn es aber interessante Startups auch außerhalb dieser Region gibt, ist das selbstverständlich kein Ausschlusskriterium.

Photo Arne Paul Oltmann

Geschäftsführer Arne Paul Oltmann

SmartBusinessPlan: Interessant. Aber zurück zum Aufstöbern: Wie finden Gründer einen Business Angel wie dich?

Arne Paul Oltmann: Zum einen kann man natürlich bei den IHK-Gründerzentren anfragen oder auf Gründermessen und -konferenzen gehen. Für erfolgsversprechender halte ich persönlich aber die direkte Kontaktaufnahme über die regionalen Business-Angel-Netzwerke bzw. zentral über BAND (Hier geht’s zum Business Angels Netzwerk Deutschland BAND) und die Teilnahme an den zahlreichen Businessplan-Wettbewerben, über die man auch sehr gut in Kontakt kommt. Oder auch über das Internet. In sozialen Netzwerken kann man konkret nach Begriffen wie „Business Angel“ suchen und dann mit einer kurzen Beschreibung des eigenen Vorhabens direkt Kontakt aufnehmen. Ich bekomme z.B. über Xing oder LinkedIn regelmäßig solche Anfragen. Und über diesen Weg sind bei uns auch schon Investments zustande gekommen.

SmartBusinessPlan: Wie spricht man einen Business Angel denn konkret an?

Arne Paul Oltmann: Man sollte sich schon etwas Mühe geben: Beim ersten Kontakt reicht zunächst eine Kurzbeschreibung in 3-5 Zeilen aus. Wenn das auf Interesse stößt, sollte man entweder einen knackigen One Pager (Hier geht’s zu einer guten Vorlage der Business Angels Agentur Ruhr e.V.) parat haben oder das Vorhaben in Form eines sogenannten Pitch Decks darstellen.

SmartBusinessPlan: Worauf muss man beim Pitch Deck achten?

Arne Paul Oltmann: Wichtig ist es, zunächst klar zu machen, welches Problem man lösen möchte, um dann den eigenen Lösungsansatz aufzuzeigen. Das muss wachrütteln. Nur so erhält man die Aufmerksamkeit des Business Angels für darauffolgende Themen wie Geschäftsmodell, Marktanalyse, Wettbewerb und natürlich für die Finanzen. Am besten guckt man sich ein paar gelungene Pitch Decks auf Gründer-Events an.

SmartBusinessPlan: One Pager, Pitch Deck, Businessplan – ist das nicht alles eine Soße?

Arne Paul Oltmann: Tatsächlich gibt es viel Übereinstimmung und Schnittmengen. Die drei Formate unterscheiden sich allerdings im Anlass und im Zeitfenster der Aufmerksamkeit. Je nachdem, ob du dich beispielsweise auf einer Party oder beim Bankgespräch unterhältst, fällt die Antwort auf die Frage „Was machst du eigentlich?“ ja auch sehr unterschiedlich aus.

SmartBusinessPlan: Mal Hand aufs Herz: Liest du wirklich einen Businessplan durch?

Arne Paul Oltmann: Zum Kennenlernen sicherlich nicht. Aber wenn ein Gründungsvorhaben sehr interessant ist und ich mich näher damit beschäftige, ist ein Businessplan schon sehr informativ. Ein guter Businessplan gibt zu vielen typischen Fragestellungen eines Investors detailliertere Informationen als das z.B. ein Pitch Deck kann. Und er stellt auch eine Art Arbeitsprobe des Gründerteams dar. Man kann an einem Businessplan ganz gut ablesen, wie strukturiert die Gründer denken können und ob sie ihr Thema gut durchdrungen haben. Ob die Gründer auch umsetzungsstark sind, kann man an einem Businessplan dagegen nicht ablesen. Und viele, auch sehr gute Gründer, gehen lieber mit exzellentem Pitch Deck und Finanzplan ins Rennen und sparen sich die Zeit für einen Businessplan.

SmartBusinessPlan: Wie findet ein Gründer denn heraus, ob die eigene Idee überhaupt Business-Angel-fähig ist?

Arne Paul Oltmann: Also, die reine Existenzgründung mit einem bereits am Markt erprobten Geschäftsmodell ist typischerweise eher nichts für Business Angels. Viele Risikokapitalgeber fordern möglichst disruptive Geschäftsmodelle, die bevorzugt digital und deshalb entsprechend skalierbar sind. Das ist natürlich wünschenswert, aber nicht zwingend. Zumindest aber sollte es sich um ein innovatives Vorhaben und neuartige Lösungswege handeln, damit es interessant für diesen Typ von Anleger wird.

SmartBusinessPlan: Zum Abschluss noch eine Frage in eigener Sache: Wie findest du SmartBusinessPlan? Vor allem die neue Teamfunktion muss doch ganz spannend für dich sein?

Arne Paul Oltmann: Ja, das ist ein sehr interessantes Tool. Und im Businessplan direkt Kommentare und Fragen einfügen zu können, ist natürlich eine attraktive Vorstellung. Ich probiere das mit meinen Gründern mal aus. Eine tolle Weiterentwicklung wäre noch, neben der Canvas auch eine Vorlage für einen One Pager und vielleicht sogar für ein Pitch Deck anzubieten. Und dann gute Beispiele als Inspiration veröffentlichen – so wie mit euren Beispiel-Businessplänen.

SmartBusinessPlan: Danke, Arne Paul, für das interessante Interview!

Über den Autor
Dr. Jan Evers

Gründungsexperte Dr. Jan Evers ist Inhaber der Beratungsgesellschaft EVEREST in Hamburg. Für Ministerien, Banken und Wirtschaftsförderer entwickelt die EVEREST GmbH seit über 15 Jahren Konzepte und Lösungen, die Unternehmern das Gründen und die Selbstständigkeit erleichtern.

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bhp