Ob Texter*in, Fotograf*in, Softwareentwickler*in oder PR-Berater*in – viele Freiberufler*innen und Selbstständige verkaufen sich deutlich unter Wert. Ihr Stundensatz liegt oft so niedrig, dass sie bei genauer Betrachtung damit nicht einmal ihre Kosten decken, geschweige denn Rücklagen für Krankheit, Urlaub, einfach „schlechte“ Zeiten oder für die Altersvorsorge bilden können.
Aber du willst doch mit deinem Business ein angemessenes Gehalt verdienen und im besten Fall ein Betriebsvermögen aufbauen? Also wollen wir dir hier zeigen, wie du deinen Stundensatz angemessen und realistisch berechnen kannst.
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Viel zu häufig vergessen Gründer*innen, dass 100 € pro Stunde nicht bedeutet, dass man 8 Stunden mal 100 € mal 365 Tage Geld verdient, sondern vielleicht nur 1 Stunde mal 100 € mal 100 Tage. Und Existenzgründer*innen vergessen eben auch gerne, dass sie wesentlich höhere Kosten haben als Arbeitnehmer*innen und die Verantwortung für alles selbst tragen müssen. Wenn du deinen Stundensatz berechnen willst, musst du als Gründer*in nicht nur deine Kosten ganz genau kennen, sondern auch die Tatsache einkalkulieren, dass Unternehmer*innen viele Stunden Vorarbeit leisten müssen, um in einer einzigen Stunde Geld zu verdienen.
Das durchschnittliche Bruttogehalt der Arbeitnehmer*innen lag 2023 in Deutschland bei etwa 4.000 € pro Monat. Netto blieben davon etwa 2.600 € (angenommen keine Kirchensteuer und Steuerklasse III). Statistisch gesehen bekommen Arbeitnehmer*innen 13 Monatsgehälter. Von 365 Tagen im Jahr muss er nur etwa 220 Arbeitstage in die Firma. Die restliche Zeit verbringt er mit 52 Wochenenden, bis zu 30 Urlaubstagen und fast einem Dutzend Feiertagen. Das ergibt einen Bruttostundenlohn von etwa 29,55 € und einen Nettostundenlohn von etwa 19,20 €.
Als Selbstständige*r musst du diese 29,55 € pro Stunde erst einmal verdienen. Gerade in der Anfangszeit deiner Gründung musst du damit rechnen, viele unterbezahlte Tage zu arbeiten. In manchen Branchen wirst du in den Sommermonaten kaum etwas verdienen – auch wenn du selbst nicht in den Urlaub fährst. Auch die Zeit zwischen Mitte Dezember und Mitte Januar läuft in manchen Branchen schlecht, weil dann kaum neue Aufträge hereinkommen. Umso wichtiger ist es also, rechtzeitig einen angemessenen Stundenlohn zu berechnen.
Das unbezahlte E-Mail-Schreiben muss ebenso in deine Stundensatz-Berechnung einfließen wie Telefonieren, Verhandeln, Small-Talk, Kontaktpflege, Angebote schreiben etc. Auch Reisekosten, Urlaub und Krankheit müssen berücksichtigt werden. Dein Honorar hat zudem die Miete für dein Büro, die Kosten für Telefon, Internet und Strom zu tragen. Nicht zuletzt musst du dir selbst ein Gehalt zahlen, das deinen Lebensunterhalt sicherstellt. Und ganz wichtig: Du musst für dein Alter vorsorgen, für deinen Ruhestand sowie für Krankheit, denn wenn du als Unternehmer*in krank wirst, zahlt niemand für deinen Ausfall. Krankenversicherungen springen frühestens nach dem 22. Tag deiner Krankheit mit Krankengeld ein. Und schließlich bittet dich auch das Finanzamt für seinen Anteil zur Kasse.
Zunächst die Kostenseite: Rechne deine privaten und beruflichen Ausgaben zusammen. Wie viel Geld musst du jährlich aufbringen?
Wenn du deinen Stundenlohn berechnen willst, könnte SmartBusinessPlan sehr hilfreich für dich sein. Im Kapitel Finanzen haben wir alle privaten und betrieblichen Kostenpositionen voreingestellt, damit du nichts Wesentliches vergisst. Rechne bei den Kosten unbedingt einen Puffer ein, da es immer wieder zu unerwarteten Zahlungen oder schlechteren Entwicklungen kommen kann.
Nehmen wir an, deine Kosten belaufen sich auf 35.000 € pro Jahr. In diesem Betrag ist dein Gewinn noch nicht enthalten. Den benötigst du aber, um mit der Zeit ein Betriebsvermögen aufzubauen. Du solltest also zu den ermittelten Kosten einen Gewinn von beispielsweise 10 Prozent hinzurechnen. Mit Gewinn ergeben sich 38.500 €, die du einnehmen musst, um nicht nur kostendeckend, sondern auch gewinnbringend zu arbeiten. Pro Monat sind das etwa 3.208 €. Grundsätzlich raten wir dir davon ab, dein Einkommen auf den Monat umzulegen. Es ist nämlich ziemlich unwahrscheinlich, dass du jeden Monat immer einen ähnlich hohen Betrag erwirtschaftest. Aber hier hilft dir der Monatswert, um deinen Tages- und deine Stundensatz berechnen zu können.
Und jetzt der Zeitfaktor: Selbst wenn dein Geschäft wunderbar läuft, kannst du nicht fünf Tage in der Woche voll produktiv sein. Du brauchst Tage für die Akquise, Tage für dein Marketing und Tage für die Arbeit am Unternehmen. Du benötigst Urlaub und bist leider auch mal krank. Um auf deine produktiven Tage zu kommen, ziehe von 365 Tagen im Jahr ab:
– die Sonn- und Feiertage (ca. 124 Tage)
– Urlaub (ca. 20 Tage)
– Krankentage (ca. 14 Tage)
– Tage für Akquise und Marketing (ein Tag pro Woche, also circa 52 Tage)
– Tage für Arbeit am Unternehmen (Strategie, Netzwerken) und Administration (Rechnungen schreiben, Buchhaltung organisieren) (ein Tag pro Woche, also auch 52 Tage)
In unserem Beispiel summieren sich die unproduktiven Tage auf 262. Das heißt, es bleiben 103 produktive Tage pro Jahr übrig. Das bedeutet, du kannst pro Monat mit ca. 10 (wir haben ganz optimistisch von 8,5 auf 10 aufgerundet) produktiven Tagen rechnen. Um auf das monatliche Einkommen von 3.208 € zu kommen, müsstest du also 321 € pro Tag verdienen…
3.208 € / 10 Tagessätze = 321 pro Tag.
Wenn du deine Arbeit statt in Tagessätzen in Stunden anbietest, kannst du eher nicht von 8 voll bezahlten Stunden pro produktiven Tagen ausgehen. Realistisch sind hier wahrscheinlich eher 4 Stunden pro Tag, also 40 pro Monat. So kommst du auf einen Stundensatz von 80 € pro Stunde.
Beispiel: 3.208 € / 40 Arbeitsstunden = 80 € pro Stunde.
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An dieser Stelle sei daran erinnert, dass sich der Stundensatz von 80 € auf unser Beispiel oben bezieht, in dem wir Einnahmen in Höhe von 38.500 € pro Jahr erzielen wollten. Abhängig von deiner Kostenstruktur (privat + betrieblich) sieht dein Ergebnis möglicherweise ganz anders aus. Vielleicht ist es auch hilfreich, erstmal ohne Puffer und Gewinn zu kalkulieren, damit du ganz genau weißt, was du mindestens einnehmen musst, um alle deine Kosten entspannt zu decken.
Denn gerade am Anfang deiner Selbstständigkeit wirst du als Neuling auf dem Markt – vermutlich noch ganz ohne Referenzen – nicht bei jedem Kund*innen automatisch deinen berechneten Stundensatz, hier 80 € pro Stunde aufrufen können. Wir raten dir, in der Startphase deine Dienstleistung etwas günstiger anzubieten, z.B. für 50 € pro Stunde. Dafür müsste dann die Auslastung natürlich etwas höher als 10 Tage sein. Oder du müsstest Urlaubstage kürzen und rechnest hin und wieder noch ein Arbeits-Wochenende mit ein.
Aber Achtung: Schütze dich vor Selbstausbeutung! Das darf nicht die Regel werden. 80 € (bzw. dein errechneter Stundensatz) sollten unbedingt das Ziel bleiben. Mindestens einmal pro Jahr solltest du deinen Stundensatz neu berechnen bzw. anpassen. Verhandle bei längerfristigen Aufträgen eine spätere Preissteigerung. Dann steht den 80 € pro Stunde im 3. Jahr sicher nichts mehr im Wege.
Neben der Anfangsphase gibt es weitere Ausnahmen: Z.B. langfristige oder regelmäßige Aufträge. Wirst du beispielsweise als Freelancer für ein 3-monatiges Projekt in Vollzeit gebucht, liegt dein Stundensatz wahrscheinlich nur wenig über dem der Festangestellten, vielleicht bei 30 – 45 €. Dafür kannst du in dieser Zeit mit 20 produktiven Tagen pro Monat rechnen, hast eine dreimonatige Planungssicherheit (was für Freiberufler*innen keineswegs selbstverständlich ist) und musst viel weniger Zeit für Akquise einplanen.
Oder dieser Fall: Ein großes Unternehmen bucht dich als Berater*in für drei Tage. Hier musst du nun deutlich mehr als deinen errechneten Tagessatz aufrufen. Denn für die „fakturierbaren“ drei Beratertage im Unternehmen wirst du mehrere Tage für die Vor- und Nachbereitung einplanen müssen. So kommen die berühmtberüchtigten Tagessätze für Berater*innen von 800 € oder mehr zustande. Völlig realistisch.
Du siehst: Ohne Differenzierung geht’s nicht. Für unterschiedliche Leistungen, unterschiedliche Aufträge und unterschiedliche Kund*innen musst du auch unterschiedliche Preise kalkulieren. Verfeinere deine Kalkulation also, indem du erstmal eine Übersicht deiner Leistungen erstellst, sortiert nach dem, wie du sie berechnest: pro Stunde, mit Halbtages- oder Tagessatz? Oder pro Zeile, pro Seite oder mit einem Pauschalpreis? Für Privatkund*innen oder Geschäftskund*innen? Unterm Strich muss zu Beginn deiner Selbstständigkeit mindestens dein Wert zur Kostendeckung herauskommen. Später mehr!
Hier nochmal die wichtigsten Regeln, die du bei der Berechnung deines Stundensatzes beachten musst:
Die Berechnung des eigenen Stundensatzes ist für Freiberufler*innen und Selbstständige von zentraler Bedeutung, um langfristig erfolgreich und nachhaltig arbeiten zu können. Oft unterschätzen viele in der Anfangsphase die realen Kosten und den notwendigen Aufwand, was zu finanziellen Engpässen führen kann.
Wichtige Erkenntnisse:
Anfangs mag es notwendig sein, den Stundensatz niedriger anzusetzen, um Aufträge zu erhalten und Erfahrung zu sammeln. Dennoch sollte das langfristige Ziel sein, einen fairen und kostendeckenden Stundensatz zu erreichen, der auch Gewinne ermöglicht.
Zusammengefasst ist die sorgfältige und regelmäßige Berechnung des Stundensatzes essenziell für den nachhaltigen Erfolg eines jeden Selbstständigen. Mit einem durchdachten und realistischen Ansatz kannst du sicherstellen, dass deine Arbeit nicht nur deine Kosten deckt, sondern auch ein angemessenes Einkommen und betriebliche Rücklagen ermöglicht.