Völlig überflüssig – 7 große Vorurteile gegen den Businessplan

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Der Businessplan kriegt ständig eins auf den Deckel: Er sei Zeitverschwendung, zu statisch, nutzlos für Startups, nur für den Banker geschrieben, gefährliche Selbstsuggestion, total überbewertet, und und und… Den Tod des Businessplans zu fordern, ist gerade angesagt. Stimmen die Vorwürfe?

Früher hat mich die Businessplan-Hörigkeit von Banken und Wirtschaftsförderern selbst extrem genervt. Aber ist er deshalb per se fehl am Platze? Nein! Nur muss ganz deutlich unterschieden werden, wo er Sinn macht – und wo eben nicht. Heute möchte ich mit den sieben häufigsten Vorurteilen gegen den Businessplan aufräumen.

1. Vorurteil: Der Businessplan ist Zeitverschwendung

Die Arbeit am eigenen Unternehmen ist nie Zeitverschwendung. Im Businessplan setzen sich Gründer mit allen wichtigen Elementen ihres Geschäftsmodells auseinander: Mit dem Markt, mit Marketing, mit Akquise und der Finanzierung. Wer einen Businessplan verfasst, ist gezwungen, systematisch zu denken und Wesentliches von Unwesentlichem zu trennen. Gründer müssen erste Entscheidungen treffen, Fehler aufdecken, fundierte Prognosen treffen.

Zeitverschwendung ist diese Arbeit nur, wenn man dabei das Rad „Businessplan“ neu zu erfinden gedenkt: Eine eigene Excel-Tabelle basteln, in Word formatieren, aus dem Internet Vorlagen sichten, abschreiben und wieder verwerfen.

Ich habe viele Gründer kennengelernt, die so monatelang am Businessplan gebastelt haben, ohne dass ihre Geschäftsidee substanziell besser wurde. Nutzt man kostenpflichtige, anpassbare Tools auf gutem Niveau, spart das 20 bis 100 Stunden Arbeit. Das rechnet sich- schon bei einem kalkulatorischen Stundenlohn von 2 Euro. Und so kaufmännisch sollten Unternehmer denken. Ganz abgesehen davon, dass das Ergebnis besser wird.

Also: Erst denken, dann gründen – der Businessplan ist die ideale Machbarkeitsstudie dafür.

2. Vorurteil: Der Businessplan macht für Startups keinen Sinn

Das macht er tatsächlich nicht – nicht als langwierig ausformuliertes, erstes Planungstool.

Startups sind per Definition noch auf der Suche nach dem optimalen Geschäftsmodell. Und da ist tatsächlich eine der größten Herausforderungen, dass sich die Dinge am Anfang mit jedem Testlauf, jedem Pivot und jeder Kundenbefragung wieder ändern. Statt sich immer wieder an die Neubearbeitung zu setzen, scheuen viele Gründer daher den Businessplan komplett.

Am besten ist es in dieser Phase, das Geschäftsmodell mit einem schnell variierbaren Tool wie der Canvas zu entwickeln, Alternativen zu erarbeiten und kritisch zu diskutieren. Erst danach, wenn ein funktionierendes Geschäftsmodel steht, kommt der Knackpunkt, an dem kein Weg vorbei führt: Das Konzept muss durchgerechnet und dem Geldgeber vorgelegt werden. Und für beides braucht man den Businessplan. Das Durchrechnen ist definitiv keine Alibi-Aktion. Schon oft habe ich mit Gründern tolle Geschäftsmodelle entwickelt, um dann bei der Prüfung leider gemeinsam überraschend erkennen zu müssen: keine Chance auf Rentabilität.

Also: Der Businessplan ist für Startups durchaus sinnvoll. Aber nur zum richtigen Zeitpunkt, nämlich nachdem ein Geschäftsmodell entwickelt wurde!

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3. Vorurteil: Ein Pitchdeck ist wichtiger als ein Businessplan

Das kommt auf den Geldgeber an:

Beteiligungsgeber wollen erstmal ein Pitchdeck, ja. Bei den 2-10% der Gründungsvorhaben, die näher gesichtet werden, ist aber auch dann der Businessplan fällig. Die präsentierten Zahlen sollten dann natürlich zu denen im Businessplan passen. Selbst beim TV-Format „Die Höhle der Löwen“ berichten die Teilnehmer, dass Businesspläne ausführlich diskutiert werden, bevor es zu Deals kommt.  Ausgestrahlt wird das leider nicht.

Für Kreditgeber hat ein Pitchdeck überhaupt keine Bedeutung: Sie wollen meist als erstes Dokument den Businessplan sehen. Dann prüfen sie Liquidität, Rentabilität, Kennzahlen etc., um zu entscheiden, wie intensiv sie sich mit dieser Gründung auseinander setzen. Im Banktermin kann es aber durchaus helfen, ein Pitchdeck im Kopf zu haben – um genau deutlich zu machen, wo man hin will.

Crowdfunding funktioniert per Pitchdeck, hier ist ein Businessplan wohl häufig nicht nötig. Beim Crowdinvesting dagegen schon.

Für Family, friends & fools reicht ein Pitchdeck wahrscheinlich auch aus. Der Businessplan hilft aber gewaltig, um alle entscheidenden Gedanken zu vermitteln und natürlich, um die Ernsthaftigkeit des Vorhabens unter Beweis zu stellen.

Also: Ein Pitchdeck wird zwar in manchen Fällen höher gewichtet als der Businessplan, es kommt aber nur selten ganz ohne ihn aus. Je nach Geldgeber ist er unterschiedlich wichtig und unterschiedlich intensiv zu bearbeiten.

Mensch versteckt sich unter Couchkissen

Muss sich nicht verstecken: der leibhaftige Businessplan.

4. Vorurteil: Der Businessplan ist schon veraltet, wenn er aus dem Drucker kommt

Wenn man ihn danach in der Schublade verstauben lässt, stimmt das.

Aber der Businessplan sollte als lebendiges Dokument verstanden werden, das immer wieder aktualisiert werden darf. Denn nur dann kann er die Planungs- und Steuerungsfunktion übernehmen, die ihn so wertvoll macht.

Natürlich werden sich nicht alle Annahmen, die man bei der Finanzplanung für die Zukunft trifft, eins zu eins aufgehen. Oder wenn sich das Geschäftsmodell im Nachhinein doch nochmal ändert, dann muss man wohl oder übel nochmal ran. Mit modernen Tools können Zahlen und Fakten heutzutage aber schnell und mit Spaß aktualisiert und so das Dokument immer up to date gehalten werden.

Also: Besser gar nicht erst ausdrucken ;-), sondern Geldgebern, Teammitgliedern und Beratern einem Link in ein dynamisches Dokument schicken und den Plan immer auf dem Laufenden halten.

5. Vorurteil: Den Businessplan schreibt doch sowieso der Berater

Wer das Businessplan Schreiben an seinen Berater oder einfach an das versierteste Teammitglied delegiert, hat tatsächlich ein Problem.

Denn wer den Businessplan von einem Externen schreiben lässt, wird das eigene Vorhaben nie gut genug kennen, um es einem Dritten wirklich glaubwürdig und in allen Einzelheiten vermitteln zu können. Sätze wie: „Das hat mein Berater geschrieben – keine Ahnung, wie der darauf kommt“ habe ich leider schon viel zu oft gehört.

Und auch, wenn sich nur ein Teammitglied alleine mit dem Businessplan beschäftigt, ist die Gefahr groß, dass er an der Sache, der Realität oder den Interessen oder Ideen aller Beteiligter vorbei geschrieben wird. Und bei der Umsetzung kommt dann das böse Erwachen. Ich habe leider schon oft den Streitfall erlebt, wo die eine Partei auf den Plan verweist und die andere Partei auf einen anders erlebten Konsens.

Mit der richtigen Businessplan-Software ist es heute möglich, die Erstellung des Businessplans in den Teamfindungsprozess zu integrieren, mit verteilten Rollen daran zu arbeiten, gemeinsam die Machbarkeit zu prüfen und so eine Vision zu entwickeln, die Bestand hat und von allen geteilt wird.

Also: Die Businessplan-Erstellung ist nicht delegierbar, so sehr sich Gründer das wünschen.

6. Vorurteil: Alles Schönfärberei

Der Gründer, für den der Businessplan das ist, der lebt gefährlich. Denn schöngefärbt neigt der Businessplan zur Verblendung – des Gründers.

Leider habe ich schon dutzende Gründer kennengelernt, die – um einen Geldgeber zu überzeugen – völlig den Fokus auf ein funktionierendes entrepreneurial Design verloren haben. Sie haben einen „perfekten“ Businessplan geschrieben und kamen dann glücklich und selbstbewusst über den erworbenen Kredit zu mir. Und ich durfte dann erstmal die grausame Realität integrieren.

Es ist gefährlich, einen Businessplan so lang hin und her zu schieben, bis er sich rechnet und so lang hin und her zu formulieren, bis er überzeugt. Genauso gefährlich ist es aber auch, ohne Businessplan mit eigenem Geld und einer tollen Idee zu starten und zu spät zu merken, dass sie sich nicht rechnet.

Also: Nicht schön rechnen, sondern rechnen! Der Businessplan ist das perfekte Tool, um ein Geschäftsmodell auf Machbarkeit zu überprüfen, die Finanzen gründlich durchzurechnen und das gesamte Vorhaben für Dritte verständlich zu machen.

7. Vorurteil: Finanzplanung für drei Jahre ist Hokuspokus

Tatsächlich ist eine gewisse Kritik an der Dreijahresplanung berechtigt – befindet man sich als Gründer doch in einer Situation, in der schon die Planung der nächsten 6 Monate gefühlt an Hexerei grenzt.

Der Mythos, nur die allerwenigsten Gründer erreichten letztendlich ihre Zahlen, stimmt nach meinen Erfahrungen allerdings nicht. In meiner Beraterpraxis übertreffen 10% der Gründer ihre Zahlen sogar. 30% erreichen ihre Zahlen immerhin fast und können mit vorsichtigeren Ausgaben die Lücke schließen. Bei weiteren 30% passt monatelang zahlentechnisch gar nichts, nach ein paar Jahren pendelt es sich aber planmäßig ein. Bei den restlichen 30%, deren Vorhaben dann auch meist gescheitert sind, waren die Zahlen an sich ziemlich abwegig – schöngerechnet eben.

Realistisch und klar gerechnet, gibt der Finanzplan Auskunft darüber, ob das Vorhaben wirtschaftlich tragfähig ist oder nicht. Für Gründer und Kreditgeber ist das eine der wichtigsten Informationen. Sollte man dann von einer Realität eingeholt werden, die den geplanten Zahlen nicht mehr entspricht, kommt der tiefere Sinn des Finanzplans zum Tragen: Jetzt gilt es nämlich, nicht frustriert aufzugeben, sondern zu analysieren, was die Ursachen für die Abweichungen sind. Und diese Analyse kann man nur vornehmen, wenn man die Istwerte mit den Sollwerten vergleichen kann. Und dafür braucht man einen umfangreichen Plan, in dem die Umsatzzahlen mit Annahmen plausibilisiert sind. Dies überzeugt die Geldgeber vor der Gründung und hilft nach der Gründung bei der Umsetzung und der Korrektur.

Also nochmal: Nicht schön rechnen, sondern alle Zahlen plausibilisieren und realistisch erproben. Dann dient der Finanzplan, selbst wenn die Zahlen nicht zu 100% erreicht werden, als wertvolles Analyse-Tool.


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Über den Autor
Dr. Jan Evers

Gründungsexperte Dr. Jan Evers ist Inhaber der Beratungsgesellschaft EVEREST in Hamburg. Für Ministerien, Banken und Wirtschaftsförderer entwickelt die EVEREST GmbH seit über 15 Jahren Konzepte und Lösungen, die Unternehmern das Gründen und die Selbstständigkeit erleichtern.

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bhp