Patentschutz für Startups – wann ist er sinnvoll und wann nicht?

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Ihr fragt euch, ob ihr euer Produkt mit einem Patent schützen lassen solltet? In unserem Interview mit dem Gründungsberater Dr. Ernest Mitschke erfahrt ihr, wann sich Patentschutz für Startups lohnt, welche Alternativen es gibt und wie man bei der Anmeldung am besten vorgeht.

SmartBusinessPlan: Viele Gründer beschäftigen sich sehr früh mit der Frage, ob sie für ihr neues Produkt ein Patent brauchen. Wird dieses Thema überschätzt?

Ernest Mitschke: Ja, in gewisser Hinsicht schon. Ein Patent an sich ist alleine nichts wert, aber teuer. Mit den Amtsgebühren und vor allem den Anwalts- und Recherchekosten muss man mit etwa 5.000 bis 10.000 Euro rechnen, bei internationaler Gültigkeit sogar noch deutlich mehr. Das ist viel Geld für einen Gründer, der ja in der Regel noch gar nicht abschätzen kann, ob sein Produkt wirklich einschlägt und sich verkauft. Ich würde die Patentanmeldung deshalb nicht zu weit an den Anfang stellen.

SmartBusinessPlan: Dein Tipp für Startups, die sich fragen, ob sie einen Patentschutz brauchen oder nicht?

Ernest Mitschke: Zunächst mal sollten sie sich über die verschiedenen Formen des Schutzes klar werden. Ein Patent ist zeitlich befristet und nur für neue technologische Erfindungen möglich. Es zu beantragen ist, wie gesagt, sehr kostspielig und aufwändig. Dagegen ist der Designschutz, der sich auf die Gestaltung bezieht, oder auch der Markenschutz für den Produkt- und Firmennamen, die zusammen nur einige hundert Euro kosten, vergleichsweise günstig zu haben. Diese Formen des gewerblichen Rechtsschutzes sollte sich jedes Startup sichern, wenn möglich.

SmartBusinessPlan: Worin unterscheiden sich die Schutzformen?

Ernest Mitschke: Alle Schutzrechte (für Deutschland) werden beim Patent- und Markenamt in München, dem DPMA, eingetragen. Geht es um den Schutz einer Marke oder eines Designs, prüft das DPMA aber nicht, ob sich bereits ein anderer diese Rechte gesichert hat. Dies obliegt dem Anmelder.

Für die Patenterteilung muss der Antragsteller sicher sein, dass es noch kein Patent, keine Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung oder eine andere Veröffentlich dazu gibt. Er muss also eine gründliche Patentrecherche durchführen und dokumentieren, dass seine Erfindung wirklich neu ist und worin genau sie besteht bzw. worauf sich das Patent beziehen soll. Das ist sehr anspruchsvoll.

Waage vor Person

SmartBusinessPlan: Du sagst, ein Patent sei zeitlich befristet. Wie lange kann ich meine Ideen denn schützen lassen?

Ernest Mitschke: Markenschutzrechte können beliebig oft verlängert werden, Patente laufen in der Regel nach maximal 20 Jahren ab. Das hängt damit zusammen, dass der Staat durch die Vergabe von Patenten zwar einerseits den Erfinder schützen, aber andererseits auch seine Erfindung öffentlich machen will, damit andere darauf aufbauen und sie weiterentwickeln können.

SmartBusinessPlan: Wenn ich ein Patent anmelde, gebe ich also meine Erfindung preis?

Ernest Mitschke: Ja, das ist so. Jeder kann die Patente einsehen. Und sogar nachbauen und in Umlauf bringen – aber natürlich nur dort, wo der Patentschutz nicht gilt. Also nehmen wir an, jemand hat ein Patent in Deutschland erteilt bekommen. Dann könnte ein Ingenieur aus den USA oder Frankreich die Unterlagen einsehen, die Erfindung (bei sich) nachbauen und sie überall, nur nicht in Deutschland, verkaufen. Ganz legal.

SmartBusinessPlan: Ist es dann überhaupt sinnvoll, den Patentschutz zu beantragen?

Ernest Mitschke: Das kommt eben darauf an. Wenn ich meine Erfindung geheim halten kann oder wenn die Gefahr von Nachahmern nicht besonders groß ist, dann reicht unter Umständen ein Design- und Markenschutz. Außerdem muss ich bedenken: Wenn ich meine Erfindung schon öffentlich gemacht habe, etwa während eines Vortrags, einer Vorlesung oder auch einer Versammlung im Betrieb, dann ist ein Patentschutz schon gar nicht mehr möglich. Dann gilt die Erfindung nämlich nicht mehr als neu.

SmartBusinessPlan: Aber das ist doch ein echtes Problem für Gründer: Wenn sie niemandem von ihrer Erfindung erzählen dürfen, woher sollen sie dann wissen, ob es überhaupt eine Nachfrage danach gibt und ob sich die 10.000 Euro für ein Patent lohnen?

Ernest Mitschke: Diesen Widerspruch kann man leider nicht auflösen. Wichtig ist immer die Abwägung: Ist die Anmeldung eines Patents wirklich notwendig und ökonomisch sinnvoll? Oder kann ich mich auch auf andere Weise vor Ideenklau schützen – günstiger und unter Umständen sogar besser?

SmartBusinessPlan: Viele Gründer stehen vor dem Dilemma, dass anwaltlicher Rat in diesen Dingen sehr teuer und meist sehr kompliziert ist, obwohl ihre Fragen ganz einfach sind: Kann ich meine Erfindung durch ein Patent schützen? Muss ich sie schützen? Und was kostet mich das?

Ernest Mitschke: Ich rate immer, zuerst die kostenlosen Angebote von Kammern, Hochschulen oder Patentinformationszentren zu nutzen. Auch das DPMA berät kostenfrei zu diesem Thema. Vorsicht ist geboten bei irgendwelchen dubiosen Vereinen oder kostenlosen Angeboten im Netz. Da ist die Wahrscheinlichkeit, dass man Unsinn zu hören bekommt, sehr viel höher als bei den offiziellen Stellen. Diese informieren übrigens auch über Förderprogramme, über die man die Kosten für die Patentanmeldung fördern lassen kann. Und sie bieten die Möglichkeit, unter fachlicher Anleitung in speziellen Datenbanken nach eingetragenen Schutzrechten zu recherchieren. Diese Recherche steht immer vor der Anmeldung und kann, besonders im Fall von Patenten, sehr aufwändig sein. Manchmal führt sie sogar ins Museum, um dort zu prüfen, ob eine Erfindung wirklich neu oder in Wahrheit sehr, sehr alt ist.

SmartBusinessPlan: Wenn ich mich so intensiv mit dem Thema Rechtsschutz befasst habe, brauche ich dann überhaupt noch einen teuren Anwalt?

Ernest Mitschke: Unbedingt. Es geht bei der Informationsbeschaffung im Vorfeld vor allem darum, sich genug Wissen anzueignen, um dem Anwalt später die richtigen Fragen zu stellen – damit ich die teure Zeit dort gut nutzen kann. Einen Design- oder Markenschutz kann ich vielleicht auch ohne Anwalt beantragen, beim Patentschutz geht das ganz sicher nicht. Die Erstberatung beim Anwalt ist übrigens meist kostenlos. Das ist eine gute Gelegenheit um erstmal zu klären, ob der Anwalt fachlich geeignet ist und ob ich Vertrauen zu ihm habe.

SmartBusinessPlan: Wie finde ich denn einen guten Patentanwalt?

Ernest Mitschke: Dazu kann man bei den Kammern und Gründerberatungsstellen erste Tipps erhalten. Auch ein Blick in die örtlichen Anwaltsverzeichnisse oder eine Internetrecherche (www.patentanwalt.de) können bei der Patentanwaltssuche weiterhelfen. Es lohnt sich übrigens, sich bei der betreffenden Kanzlei nach vergünstigten Tarifen für Startups zu erkundigen. Und ganz wichtig ist die Frage, ob der Anwalt überhaupt der richtige für meinen Fall ist. Patentanwälte sind nämlich keine Juristen, sondern Spezialisten für ein bestimmtes Fachgebiet. Sie sind also erfahrene Biologen, Chemiker, Bauingenieure oder Mediziner mit einer umfassenden schutzrechtlichen Zusatzqualifikation.

Wie gesagt, die anwaltliche Beratung bei der Patentanmeldung ist unabdingbar, aber sie sollte gut vorbereitet sein, damit die Kosten im Rahmen bleiben und das Ergebnis stimmt.

SmartBusinessPlan:Und wann brauche ich einen Markenschutz für mein Startup?

Ernest Mitschke: Einen Markenschutz empfehle ich jedem Gründer! Sonst kann es passieren, dass jemand anderes sich die Rechte eintragen lässt und man fortan nicht mehr mit seiner Bezeichnung, also der nicht eingetragenen Marke, nach außen treten darf. Was viele nicht wissen: In Deutschland gilt Kopierfreiheit. Wenn ein Unternehmen auf Schutzrechte verzichtet, kann die Konkurrenz jederzeit den Namen, das Logo, die Technik und das gesamte Erscheinungsbild einer Firma für sich nutzen und vom Erfolg der anderen profitieren. Das wäre zwar unmoralisch, aber in den meisten Fällen nicht illegal.

SmartBusinessPlan: Was muss ich denn beim Markenschutz alles beachten?

Ernest Mitschke: Es ist der einzige Schutz, den ich auch nachträglich beantragen kann, wenn ich also bereits mit der Geschäftstätigkeit begonnen habe und die zukünftige „Marke“ nutze. Er gilt immer nur für einen bestimmten Bereich, den ich vorher festlege. Wenn ich meine Firma für Unternehmensberatung Blaukraut nenne und das schützen lasse, dann kann kein anderer seine Unternehmensberatung Blaukraut nennen. Eine Kneipe oder ein Nagelstudio aber schon. Nur bei wenigen großen Marken, wie Lego, Apple oder Nivea, gilt der Markenschutz quasi umfassend für alle Bereiche. Wenn Herr Leopold Lego zu mir in die Beratung käme, könnte ich ihm nur davon abraten, seine Hochbaufirma Lego zu nennen. Das wird zu 100% nach hinten losgehen, zumal diese Firmen ganze Fachabteilungen beschäftigen, die sich nur um den Markenschutz kümmern.

SmartBusinessPlan:Das kann ja auch aus Versehen passieren, ohne jede böse Absicht. Wie kann ich sicher sein, dass ich nicht die Markenschutzrechte anderer verletze?

Ernest Mitschke: Um das zu verhindern, hilft nur eine Recherche in den entsprechenden Marken-Datenbanken. Beim Eintrag in das Handelsregister (der übrigens nichts zu tun hat mit dem Markenrecht) wird nämlich nur geprüft, ob es vor Ort in der Branche bereits eine Firma gleichen Namens gibt. Aber das heißt nicht, dass man nicht die Rechte einer anderen Firma in einem anderen Bundesland verletzt.

SmartBusinessPlan: Was muss ich noch beachten, wenn ich meinen Firmennamen als Marke schützen lassen möchte?

Ernest Mitschke: Der Name darf das Angebot nicht inhaltlich beschreiben, wenn ich ihn schützen lassen will. „Unternehmensberatung“ ginge z. B. für eine Unternehmensberatung nicht (für ein Bäckereifachgeschäft aber wahrscheinlich schon). In so einem Fall kann ich aber immer noch den Namen als Wort-Bild-Marke schützen, um es der Konkurrenz nicht zu leicht zu machen. Aber aufgepasst: Wenn ich den Namen als Wort-Bild-Marke schütze, dann ist wirklich nur diese bestimmte Schreibweise in Kombination mit einer bestimmten Schrift, bestimmten Farben und bestimmten grafischen Elementen geschützt, aber nicht der Begriff an sich. Und natürlich darf der Name in der Wort-Bild-Marke nicht die Rechte einer anderen Wort-Marke verletzten.

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SmartBusinessPlan: Patentschutz, Markenschutz, Schutz als Wort-Bild-Marke – jetzt wird es langsam kompliziert. Lass uns das Ganze mal an einem Beispiel durchgehen: Nehmen wir an, die Jungs von Heimplanet, deren Gründerstory und Businessplan man auf SmartBusinessPlan nachlesen kann, wären mit ihrem neuartigen Zelt zu dir in die Beratung gekommen. Was hättest du ihnen geraten?

Ernest Mitschke: Als erstes hätte ich ihnen den Designschutz für ihr Zelt und den Markenschutz für den Namen Heimplanet ans Herz gelegt. Das ist relativ einfach und mit Kosten im unteren dreistelligen Bereich verbunden. Dann hätte ich mit den Jungs darüber gesprochen, wofür das Patent gelten kann: für die gesamte Zeltkonstruktion (was unwahrscheinlich ist) oder vielleicht nur für einen Teil der Technologie, z. B. nur für die Ventile. Das Letztere hätte den Vorteil, dass die Gründer gefahrlos mit Zeichnungen oder einem Modell von ihrem Zelt losziehen könnten, um zu sehen, ob es überhaupt Interesse gibt. In diesem Fall war es ja so, dass es ein großes Medienecho gab und Globetrotter das Zelt direkt in seinen Onlinekatalog aufnehmen wollte. Eine tolle Chance! Der ideale Zeitpunkt für die Anmeldung beim Patentamt wäre gewesen, als die Zahl der Bestellungen ausreichend hoch war, um zu sehen, dass die Kunden das Zelt wirklich haben wollen. Aber natürlich vor der Auslieferung des ersten Pakets!

SmartBusinessPlan: Wir fassen zusammen: Einen Markenschutz für sein Startup braucht jeder, ein Designschutz ist fast immer zu empfehlen – aber ein Patent muss es nicht unbedingt sein. Und in jedem Fall gilt: Erstmal die kostenfreien Angebote nutzen, bevor man sich einen teuren Anwalt nimmt. Richtig?

Ernest Mitschke: Ja, genau. Um auf eure Eingangsfrage zurückzukommen: Ich würde  sagen, der Patentschutz für Startups wird in Deutschland vielleicht eher überschätzt, aber die Frage nach den Schutzrechten im Allgemeinen wird unterschätzt.

SmartBusinessPlan: Vielen Dank für dieses überaus lehrreiche Gespräch. Wir werden gleich mal überprüfen, wie es um unseren eigenen Schutz eigentlich bestellt ist…

Über den Autor
Dr. Jan Evers

Gründungsexperte Dr. Jan Evers ist Inhaber der Beratungsgesellschaft EVEREST in Hamburg. Für Ministerien, Banken und Wirtschaftsförderer entwickelt die EVEREST GmbH seit über 15 Jahren Konzepte und Lösungen, die Unternehmern das Gründen und die Selbstständigkeit erleichtern.

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bhp