Krankenversicherung für Selbstständige und Gründer

Rounded bottom shape

In der Bundesrepublik besteht Krankenversicherungspflicht – auch für Gründer.

Als Selbstständiger musst du entweder bei einer privaten oder bei einer gesetzlichen Krankenversicherung Mitglied sein. Sofern du vorher z.B. sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst, hast du dabei die Wahl. Beziehungsweise die Qual der Wahl.

Kein Wunder also, dass wir uns mit dem Thema „Krankenversicherung für Selbstständige und Gründer“ nicht so gerne beschäftigen. Und leider ist das Netz voll von Informationen, die uns nur noch tiefer in die Irre führen. Also Klartext: Wir haben mit dem Versicherungsexperten Rüdiger Falken über die Hauptunterschiede zwischen der privaten und der gesetzlichen Krankenversicherung für Selbstständige und Gründer gesprochen – damit du dich richtig entscheiden kannst.

Herr Falken ist einer der wenigen gerichtlich zugelassenen Versicherungsberater, der ausschließlich auf Honorarbasis, im Interesse des Kunden berät, ohne von der Versicherungswirtschaft eine Vergütung annehmen zu dürfen. Seit mehr als 25 Jahren berät er zu allen Versicherungen und Krankenversicherungen und war so manches Mal für seine Mandanten vor Gericht, um Zahlungen von Versicherungen zu erstreiten.

SmartBusinessPlan: Herr Falken, vorab ein paar konkrete Fälle: Welches Krankenversicherungssystem ist das richtige für?

  • Selbstständige und Gründer mit geringem Einkommen?

Rüdiger Falken: Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)

  • Eine alleinstehende Frau, die sich Anfang 40 als Einzelunternehmerin selbstständig macht?

Rüdiger Falken: Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), weil gar nicht mehr genügend Alterungsrückstellungen aufgebaut werden können, die später die Beitragssteigerungen abmildern.

  • Einen junger Mann Mitte 20, der ein Startup – und gleichzeitig eine Familie – gründen will?

Rüdiger Falken: Gesetzliche Krankenversicherung, weil die Familie in der Privaten Krankenversicherung (PKV) sehr teurer wird.

  • Eine verheiratete Mutter von 3 Kindern, Mitte 30, die sich nebenberuflich selbstständig macht?

Rüdiger Falken: GKV

  • Jemanden, dem es wichtig ist, bei psychischen Erkrankungen gut abgesichert zu sein?

Rüdiger Falken: GKV

  • Gründer, denen das Thema Krankengeld besonders am Herzen liegt.

Rüdiger Falken: GKV und gegebenenfalls eine Zusatzversicherung für das Krankentagegeld.

  • Gründer, die viel und auch längere Zeit im außereuropäischen Ausland unterwegs sind.

Rüdiger Falken: Oft die PKV, aber auch hier, je nach Familiensituation.

  • Gründer, die sehr viel Wert auf Chefarztbehandlungen und TOP Leistungen legen?

Rüdiger Falken: PKV, oder GKV mit Zusatzversicherung.

  • Und für welche Berufsgruppe wäre die Antwort „Ganz klar PKV“?

Rüdiger Falken: Für Beamte. Aber die gehören ja nicht zum Klientel von SmartBusinessPlan

Verwirkliche deine Geschäftsidee

Schreib deinen Businessplan mit dem modernsten Tool!

Kostenlos testen

SmartBusinessPlan: Herr Falken, wer darf und wer muss sich wie versichern?

Rüdiger Falken: Alle Selbstständigen dürfen sich privat versichern. Sie dürfen aber auch, wenn sie bereits Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse (GKV) sind, dort als freiwilliges Mitglied versichert bleiben. Nur wenn ein Gründer zum Zeitpunkt der Gründung bereits in der privaten Krankenversicherung (PKV) versichert ist, muss er dort versichert bleiben. Eine Ausnahme gibt es z.B. für Künstler über die Künstlersozialkasse.

SmartBusinessPlan: Viele Gründer kennen den Unterschied zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung gar nicht genau. Was macht die beiden Systeme denn aus? Können Sie uns das in 3 Sätzen erklären?

Rüdiger Falken: In der GKV sind die Leistungen in hohem Maße vorgegeben. Die GKV hat ein sehr breites Leistungsspektrum. In der PKV wird der Umfang der Leistungen durch den gewählten Tarif bestimmt. Es gibt sehr leistungsstarke und sehr leistungsschwache Tarife. Die Versicherten können also wählen. Es gibt aber keinen Tarif, der vollumfänglich alle Leistungen der GKV beinhaltet. Daneben unterscheiden sich PKV und GKV in der Art der Beitragsberechnung. In der GKV richtet sich der Beitrag nach der individuellen Leistungsfähigkeit, also dem Einkommen. In der PKV wird der Beitrag nach Umfang der Leistung, Alter und Gesundheitszustand berechnet.

SmartBusinessPlan: Das naheliegendste Entscheidungskriterium ist für Gründer wohl die Beitragshöhe. Wie unterscheiden sich denn die Beiträge in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung für Selbstständige und Gründer?

Rüdiger Falken: Nachdem in der PKV der Beitrag nach dem Umfang des Tarifs, dem Eintrittsalter und Gesundheitszustand ermittelt wird, bleibt dieser vorerst konstant – unabhängig davon, ob man sich das leisten kann oder nicht. In der Regel steigt der Beitrag aufgrund von Inflation und medizinischem Fortschritt laufend an. In der GKV kann die Beitragshöhe Schwankungen unterliegen, je nachdem, wie das Einkommen schwankt. Das ist einer der großen Vorteile, vor allem für Gründer. Die GKV bleibt bezahlbar, auch wenn die Einnahmen mal nicht so üppig sprudeln.
Zu berücksichtigen ist aber auch die Familiensituation. In der PKV muss für jedes Familienmitglied ein eigener Beitrag entrichtet werden. In der GKV gibt es dagegen die Familienversicherung, nach der Ehepartner und Kinder beitragsfrei mitversichert sind, wenn sie kein eigenes Einkommen haben. In der PKV liegt der Beitrag für eine vierköpfige Familie schnell bei über 1.000 EUR.

SmartBusinessPlan: Als seriöser Berater werden Sie doch jetzt sicher raten, nicht nur auf den Preis zu achten. Welches Kriterium halten Sie noch für besonders relevant für Gründer und Selbstständige?

Rüdiger Falken: Die Leistungen sollten bei der Entscheidung eigentlich das Hauptkriterium bleiben. Die GKV hat den breitesten Leistungsumfang. Sie leistet nicht immer auf dem höchsten Niveau, in der Breite der Leistungen gibt es aber keine Lücken. In der PKV sollte man sich an dem breiten Leistungsspektrum der GKV orientieren. Wenn die PKV leistet, dann oft auf einem höheren Niveau.

Weil niemand vorhersehen kann, wann welche Krankheiten kommen, darf man nicht in die Falle der PKV-Vermittler geraten, die anfangs dem Gründer einen Billigtarif anbieten, mit dem Hinweis, dass der später aufgestockt werden kann. Das ist nur mit einer Gesundheitsprüfung möglich. Wenn erst einmal Krankheiten eingetreten sind, kann die Leistung in aller Regel nicht mehr aufgestockt werden. Man muss also gleich zu Beginn den umfassenden Versicherungsschutz einkaufen.

SmartBusinessPlan: Wir haben gelernt, dass bei der privaten Krankenversicherung das Einkommen keine Rolle spielt, bei der gesetzlichen aber schon. Viele Gründer denken nun, dass sie zur Errechnung ihrer Krankenkassenbeiträge ihre Umsätze angeben müssen. Aber wonach richtigen sich die Beiträge genau?

Photo Rüdiger Falken

Rüdiger Falken: Zur finanziellen Leistungsfähigkeit zählt das Einkommen, nicht der Umsatz. Aber auch Miet- und Pachteinnahme und Kapitalerträge werden zur Beitragsbemessung hinzugezogen. Maximal bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze.

SmartBusinessPlan: Und was passiert, wenn der Gründer laut Steuerbescheid am Ende höhere oder niedrigere Gewinne hat als ursprünglich bei der Krankenkasse angegeben?

Rüdiger Falken: Das ist ein ärgerliches Problem. Während die GKV einerseits Nachforderungen stellt, wenn das Einkommen höher ausgefallen ist als ursprünglich angegeben, so gibt es jedoch keine Rückerstattung, wenn das Einkommen geringer war. Hier ist dem Gründer zu empfehlen, zeitnah an die GKV heranzutreten, wenn ersichtlich ein geringeres Einkommen zu erwarten ist.

SmartBusinessPlan: Hm, das hört sich ja erstmal nicht so gründerfreundlich an.

Rüdiger Falken: Nun ja, soweit man betrachtet, dass die GKV finanziell planbar ist, weil ein Beitrag X vom Einkommen zu entrichten ist, und nach oben wie nach unten angepasst wird, halte ich das für gar nicht so schlecht. Nur eben das Problem der Rückzahlung zu hoch gezahlter Beiträge kann man nur durch zeitnahes Reagieren umgehen. Schwieriger ist es mit der PKV, wenn die Beiträge bei 600 EUR liegen und von der Höhe her schmerzen, aber nicht gesenkt werden können.

SmartbusinessPlan: Die richtige Krankenversicherung für Selbstständige und Gründer ist also offensichtlich eine Systementscheidung. Und die ist gar nicht so ohne. Wo lauern Fallstricke?

Rüdiger Falken: In den Vertragsbedingungen und den unkalkulierbar steigenden Beiträgen.

SmartBusinessPlan: Und Hand aufs Herz: Was raten Sie im Zweifelsfall, wenn ein Gründer sich einfach nicht sicher ist, welches System für ihn das richtige ist?

Rüdiger Falken: Immer zur GKV, weil der Weg in die PKV – wenn man gesund bleibt – immer offen ist. Zurück von der PKV in die GKV ist hingegen nur noch schwer möglich. Ein Gründer muss sich heute entscheiden, in welches Krankenversicherungssystem er will. Ein Wechsel zurück in die GKV ist für Selbstständige gerader erst wieder enorm erschwert worden. Also gilt das Motto: „Einmal PKV, immer PKV“. Ohne neutrale Beratung sollte niemand den Weg in die PKV gehen. Eben weil es ein sehr teures Unterfangen sein kann.

Über den Autor
Dr. Jan Evers

Gründungsexperte Dr. Jan Evers ist Inhaber der Beratungsgesellschaft EVEREST in Hamburg. Für Ministerien, Banken und Wirtschaftsförderer entwickelt die EVEREST GmbH seit über 15 Jahren Konzepte und Lösungen, die Unternehmern das Gründen und die Selbstständigkeit erleichtern.

Ich bin bereit, ein neues Projekt mit SmartBusinessPlan zu starten.

Jetzt durchstarten!
bhp