Die drei Gründer der Craftbeer-Brauerei Berliner Berg haben eine Crowdfunding-Kampagne für den Bau ihrer Brauerei in Neukölln durchgeführt, mit der sie alle Erwartungen übertroffen haben. Wie sie das geschafft haben, erklärt Robin Weber, einer der Köpfe hinter dem Projekt und Craft-Beer-Fan der ersten Stunde.
SmartBusinessPlan: Eure Crowdfunding-Kampagne war für euch ein voller Erfolg – obwohl ihr letztlich beinahe mit plus/minus null daraus hervorgegangen seid. Ist das nicht ein Widerspruch?
Robin Weber: Nein, kein bisschen: Unser Ziel war es ja, via Crowdfunding möglichst viel Publicity für unsere Craft-Beer-Brauerei zu schaffen und zu testen, ob unser Bier bei den Leuten überhaupt ankommt. Beides haben wir mit der Aktion erreicht. Insofern war sie für uns zu 100 % erfolgreich. Wenn wir das Crowdfunding allerdings nur als Finanzierungsweg gesehen hätten, stünde der Aufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum Ertrag. Viele Gründer unterschätzen die Kosten einer Crowdfunding-Kampagne und überschätzen die Einnahmen. Das Geld fällt aber nicht vom Himmel, auch nicht beim Crowdfunding.
SmartBusinessPlan: Statt wie geplant 50.000 Euro hat die Crowd am Ende mehr als 65.000 Euro zusammengeschmissen, damit ihr euer Craftbeer in Berlin brauen könnt. Wofür habt ihr das Geld denn eingesetzt?
Robin Weber: Gut die Hälfte entspricht dem Verkaufspreis unserer Rewards, das waren also vorgezogene Umsätze, die wir zu dem Zeitpunkt gut gebrauchen konnten. Dann haben wir ein professionelles Video gedreht, eine PR-Agentur eingesetzt, von unseren eigenen Arbeitsstunden ganz zu schweigen… Ich kann daher jedem Gründer nur raten, die Einnahmen einer Crowdfunding-Aktion nur zum Teil zur Finanzierung von Investitionen und ähnlichem einzuplanen, und Nebenkosten und Wareneinsatz von Rewards nicht zu unterschätzen.
SmartBusinessPlan: Kannst du uns vielleicht Schritt für Schritt erklären, wie man am besten vorgeht, wenn man Crowdfunding so erfolgreich einsetzen will, wie ihr?
Robin Weber: Als Erstes sollte man sich seine Motivation klarmachen. Will ich über das Crowdfunding, wie in unserem Fall, vor allem Aufmerksamkeit schaffen und testen, ob es überhaupt eine Nachfrage für mein Produkt gibt? Will ich eine bestimmte Summe für ein Projekt zusammenzubekommen, vielleicht sogar in Form von Spenden für eine gute Sache? Oder ist es mir wichtiger, die Crowd bei der Produktentwicklung beteiligen? Von diesen Fragen hängen alle weiteren Schritte ab.
SmartBusinessPlan: Und welche Schritte wären das?
Robin Weber: Wer seine Ziele festgelegt hat, muss sich als Nächstes die passende Crowdfunding-Plattform suchen. Da gibt es ja inzwischen einige, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, zum Beispiel Kickstarter, Indiegogo oder Startnext. Am besten, man schaut sich auf den Plattformen um und checkt, ob es dort schon erfolgreiche Kampagnen für ähnliche Produkte oder mit einer ähnlichen Ausrichtung gegeben hat.
SmartBusinessPlan: Was mache ich, wenn ich mich für eine Crowdfunding-Plattform entschieden habe?
Robin Weber: Dann musst du dir überlegen, wer dein Zielpublikum ist und wie du es am besten erreichst. Auch hierbei musst du im Blick behalten, was du eigentlich willst: Geht es dir um die Finanzierung, musst du überlegen, wie du deine Stakeholder überzeugen kannst, dein Vorhaben zu unterstützen. Sollen die Leute vor allem von deinem Produkt erfahren und darüber reden, musst du dessen Einzigartigkeit hervorstellen und eine coole Story erzählen. Für einen Produkttest sollte dein Vorhaben schon recht weit gediehen sein, Produkte und Preise sollten schon einigermaßen feststehen, damit du sie auf die Probe stellen kannst. Das ist wiederum nicht so wichtig, wenn du die Crowd einbinden willst, um bestimmte Probleme zu lösen und es dir auch um so etwas wie emotionalen Support geht. Nicht zuletzt musst du dir auch Gedanken um die regionale Reichweite der Crowdfunding-Kampagne machen. Bei vielen Dienstleistungen oder in der Gastronomie wird man eher Menschen aus dem näheren Umkreis einbinden können.
SmartBusinessPlan: Ziele, Zielgruppe und Plattform habe ich festgelegt – was muss ich noch machen, um ein erfolgreiches Crowdfundingprojekt zu starten?
Robin Weber: Ein sehr kniffliger Punkt ist die Auswahl der richtigen Rewards. Das sind die Gegenleistungen oder Dankeschöns, die die Teilnehmer für ihr Geld erhalten. Auch hier gehst du wieder von deiner Motivation aus. Steht die Finanzierung im Vordergrund, kann es sinnvoll sein, wenige Rewards zu höheren Preisen abzugeben. Möglicherweise eignen sich auch ideelle Dankeschöns, zum Beispiel die öffentliche Nennung des Namens als Unterstützer des Projekts. Geht es um einen Produkttest, sollten die Preise marktüblich sein. In diesem Fall handelt es sich eigentlich um eine Art Vorverkauf.
Allgemein gilt, dass ihr mehr Teilnehmer gewinnt, wenn ihr Rewards in unterschiedlichen Preisklassen anbietet, damit auch Personen mitmachen können, die nicht so tief in die Tasche greifen wollen. Und dann dürft ihr nicht vergessen, die realen Kosten für die Rewards, einschließlich Verpackung, Porto und allem drum und dran, zu kalkulieren, um kein Minusgeschäft zu machen.
SmartBusinessPlan: Kannst du uns einen Tipp verraten, wie man bei der Entwicklung der Rewards am besten vorgeht?
Robin Weber: Versetzt euch in euer Publikum: Welche Rewards könnten einen Kaufimpuls auslösen? Was könnte die Leute dazu bringen, bei eurer Aktion mitzumachen? Ein sehr gutes Mittel sind einmalige und außergewöhnliche Rewards. Wir hatten zum Beispiel eine Bier-Flatrate dabei. Gegen eine Zahlung von 250 Euro konnte man den lebenslangen Anspruch erwerben, bei jedem Besuch in unserem Schankraum das erste Bier gratis zu bekommen. Andere bieten die Namensrechte für ihre Produkte als Dankeschön an. Lasst euch was einfallen.
SmartBusinessPlan: Welche Rewards wurden bei euch besonders nachgefragt?
Robin Weber: Unsere Flatrate war sehr beliebt. Aber auch eine Kiste unseres leckeren Craft Beers oder ein Sechserträger wurden gern genommen. Die Leute waren also tatsächlich scharf auf unser Bier – was uns sehr gefreut und darin bestärkt hat, weiterzumachen.
SmartBusinessPlan: Angenommen, die Rewards habe ich zusammen. Habe ich dann an alles gedacht?
Robin Weber: Dann geht die eigentliche Arbeit los, denn dann muss die PR-Maschine für die Crowdfunding-Kampagne zum Laufen gebracht werden. Ohne ein richtig gutes Video geht da nicht viel. Je nach Umfang des Projekts sollte man sich dabei durchaus von Profis helfen lassen. Zusätzlich kann man begleitende Werbung schalten, zum Beispiel über Google Adwords. In unserem Fall hat sich das echt gelohnt. Dann kommen noch Events für Blogger und Pressegespräche hinzu, vielleicht kann man auch an bestimmte Fachzeitschriften herantreten.
SmartBusinessPlan: Nicht jede Crowdfunding-Kampagne läuft so erfolgreich wie eure. Was sind deiner Meinung nach die typischen Fehler, die zum Misserfolg führen?
Robin Weber: Das liegt meistens an der schlechten Vorbereitung und dem mangelnden Einsatz der Initiatoren. Viele überschätzen den Crowd-Faktor und glauben, dass ihre Idee von alleine zündet. Das passiert so gut wie nie! Man muss während der gesamten Laufzeit die Spannung aufrechterhalten und immer wieder mit neuen Geschichten und Aktionen Aufmerksamkeit schaffen. Worauf es am meisten ankommt, ist ein gelungener Start! Niemand hat Lust, sich für einen Rohrkrepierer einzusetzen. Wenn man nicht gleich am Anfang viele Unterstützer gewinnt, hat man schon verloren. Wir haben jeden, wirklich jeden, den wir kennen, genervt: Mach mit, und zwar sofort, nicht erst in einer Woche. Das ist nicht schön, aber muss sein. Strapaziert euer Netzwerk! Und wenn der Start geglückt ist, heißt es: dran bleiben, bis zum Schlusssprint.
Unsere Crowdfunding-Verlaufskurve zeigt, dass wir vor allem am Anfang und zum Ende hin Einnahmen erzielt haben. Dafür mussten wir ganz schön ackern. Ein Selbstläufer war das nicht!
SmartBusinessPlan: Hand aufs Herz: Lief bei euch immer alles nach Plan oder habt ihr auch Lehrgeld zahlen müssen?
Robin Weber: Klar sind auch Sachen schiefgegangen Wir konnten erst später als geplant mit dem Brauen beginnen, weswegen unsere Unterstützer recht lange auf ihre Rewards warten mussten beziehungsweise immer noch warten, da sich der Bau unserer Brauerei verzögert hat. Obwohl wir jeden einzelnen über die Gründe informiert haben und die meisten auch Verständnis hatten, waren doch einige sehr enttäuscht und verärgert. Zum Teil sind die bis heute sauer auf uns, was uns echt leidtut. Wir hätten gerne alle glücklich gemacht.
SmartBusinessPlan: Alles in allem, würdest du anderen Gründern zum Crowdfundig raten?
Robin Weber: Crowdfunding ist eine tolle Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erreichen und frühzeitig mit seinen Kunden in Kontakt zu treten. Man ist gezwungen, sich sehr genau mit seinem Konzept auseinanderzusetzen und zwar so, dass man nicht nur sich selbst, sondern auch andere davon überzeugen kann. Für uns hat es sich auf jeden Fall gelohnt!
SmartBusinessPlan: Welche Erfahrungen habt ihr eigentlich beim Schreiben des Businessplans für eure Craftbeer-Brauerei gemacht?
Robin Weber: Das war für uns die einfachere Übung. Ich habe meine zwei Mitgründer ja bei Epic Companies, dem Inkubator von ProSiebenSat1, kennengelernt. Da haben wir praktisch hauptberuflich Firmen gegründet. Nur in die branchenspezifischen Fragen mussten wir uns als Fachfremde natürlich erst einarbeiten.
SmartBusinessPlan: Und ist der Businessplan nach der Gründung in irgendeine Schublade gewandert oder spielt er heute noch eine Rolle für den laufenden Brauerei-Betrieb?
Robin Weber: Der Businessplan ist die Basis unserer Geschäftsentwicklung und das essenzielle Instrument der Geschäftsführung! Wir passen ihn ständig an und entwickeln ihn weiter. Natürlich gibt es immer leichte Abweichungen zwischen Plan und Realität, aber im Großen und Ganzen haben sich unsere Erwartungen erfüllt.
SmartBusinessPlan: Inzwischen habt ihr ein festes Sortiment von vier Bieren, die neben vielen weiteren in eurem Schankraum von Donnerstag- bis Samstagabend bei einem gemütlichen Klönschnack durchprobiert werden können. Können denn auch Nicht-Berliner und alle, die den Weg in die Kopfstraße 59 nicht auf sich nehmen können, eure leckeren Bierstile probieren?
Robin Weber: Na klar. Unsere Biere gibt es in zahlreichen Berliner Kneipen und im örtlichen Einzelhandel. Außerdem kann man sie online bestellen. Es gibt also keinen vernünftigen Grund mehr, auf den Genuss unseres Craftbeers zu verzichten!
SmartBusinessPlan: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Spaß und viel Erfolg mit Eurer Brauerei.