Die richtige Rechtsform für Existenzgründer – gibt’s die?

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Unser heutiger Interviewpartner ist unser Freund Jascha Alleyne. Jascha ist Partner der Hamburger Wirtschaftsrechtskanzlei SCHÜLER ALLEYNE FUMAGALLI. Seit über zehn Jahren berät er in den Bereichen Urheber-, Gesellschafts- und Medienrecht u.a. mit den Schwerpunkten Unternehmensfinanzierung und Lizenzrecht. Er hat einige unserer Gründer und auch uns selbst in guten wie in schlechten Zeiten zu Themen wie Bankkredit, Beteiligungskapital und Exit unterstützt. Heute sprechen wir mit ihm mal über das staubtrockene Thema Rechtsform für Existenzgründer.

SmartBusinessPlan: Jascha, was sind aus deiner Sicht die typischen Fehler von Gründern und Startups bezüglich der Wahl ihrer Rechtsform?

Jascha Alleyne: Ein sehr typischer Fehler ist es, sich über die Rechtsform keine Gedanken zu machen. Es wird dann eben auch kein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und es gelten nur die gesetzlichen Bestimmungen, die wiederum keiner der Gründer kennt. Ein anderer Fehler: Die formellen Anforderungen, die eine bestimmte Rechtsform stellt, nicht zu beachten.

SmartBusinessPlan: Fällt dir ein ganz besonders abschreckendes Beispiel ein?

Jascha Alleyne: Besonders nachteilig wirkt es sich aus, wenn aus Prestigegründen die Segelschule oder der eCommerce-Händler gleich als Aktiengesellschaft startet. Der formale Aufwand, insbesondere im laufenden Betrieb, erweist sich dann schnell als zu anspruchsvoll und zu teuer.

SmartBusinessPlan: Gibt es eigentlich „die“ Rechtsform für Existenzgründer? Oder besser: Welche würdest du empfehlen? Und von welcher abraten?

Jascha Alleyne: Für die Wahl der „richtigen“ Rechtsform gib es leider kein Patentrezept. Es muss stets sorgfältig analysiert werden, welche Rechtsform für das Gründungsvorhaben am besten geeignet ist.

SmartBusinessPlan: Und welche Kriterien muss ein Gründer in Betracht ziehen bei seiner Wahl der „richtigen“ Rechtsform?

Jascha Alleyne: Es sind verschiedene Fragen zu klären:

  • Sind mehrere Personen beteiligt? Wie viele?
  • Wie groß ist das Haftungsrisiko in der Gründungsphase?
  • Wie soll kurz-, mittel-und langfristig die Finanzierung des Gründungsvorhabens von statten gehen?
  • Wie hoch sind die Gründungskosten, einschließlich der Beraterkosten?
  • Welcher Verwaltungsaufwand ist mit der jeweiligen Rechtsform verbunden?
  • Wie soll die Unternehmensleitung organisiert werden?
  • Wie sind die steuerlichen Gegebenheiten?

SmartBusinessPlan: Warum hat eigentlich die GmbH so einen guten Ruf?Jascha Alleyne: Zur Gründung einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) muss zumindest ein Betrag in Höhe von EUR 12.500,00 aufgebracht werden. Das erzeugt einen höheren Grad von Seriosität als andere Rechtsformen, deren Gründung keine solche Kapitalaufbringung vorsieht. Außerdem ist die Haftung der GmbH-Geschäftsführer insbesondere im Hinblick auf die Kapitalerhaltung und die rechtzeitige Insolvenzanmeldung streng.

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SBP: Und bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)? Wo lauern da die Fallstricke?

Jascha Alleyne: Problematisch ist vor allem die persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GbR. Vor allem Existenzgründer mit Geschäftsmodellen, bei denen schnell viel Geld verdient, aber genauso schnell wieder verloren werden kann, sollten bei der Wahl der Rechtsform unbedingt jede Form von persönlicher Haftung vermeiden. Hervorzuheben sind insofern die Lebensmittel- und die Kleidungsbranche.
Schwierig an der Rechtsform GbR ist aber auch, dass die Gesellschafter zum Ausgleich von Verlusten der Gesellschaft verpflichtet sind. Dies steht so im Bürgerlichen Gesetzbuch und wird leider oft übersehen – was für den einzelnen Gesellschafter schwerwiegende Folgen haben kann. Und ohne abweichende Regelung im Gesellschaftsvertrag gilt auch, dass alle Gesellschafter berechtigt sind, die Geschäfte zu führen, sodass es leicht zu Konflikten kommen kann. Zu nennen ist dann natürlich noch das große Thema „Ausscheiden eines Gesellschafters“. Das führt nicht selten zu komplexen Auseinandersetzungen.

SmartBusinessPlan: Was bedeutet denn „persönliche Haftung“ genau?

Jascha Alleyne: Zahlt die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten nicht, so hat der Gläubiger die Möglichkeit, Zahlung von den Gesellschaftern zu verlangen. Und zwar kann sich der Gläubiger aussuchen, welchen Gesellschafter er in welcher Höhe in Anspruch nehmen will. Die persönliche Haftung kann das gesamte eigene Vermögen kosten, auch wenn die haftungsauslösende Handlung nur von einem Mitgesellschafter vorgenommen werden ist. Der GbR-Mitgesellschafter, der den Auftrag des Kunden vermasselt, kann alle übrigen Gesellschafter in Gefahr bringen.

Photo Jasha Alleyne

Jascha Alleyne beriet bereits viele Gründer.

SmartBusinessPlan: Und wie kann ich als Einzelunternehmer meine Haftung beschränken?

Jascha Alleyne: Der einzelkaufmännisch tätige Unternehmer kann eine effektive Haftungsbeschränkung nur sehr eingeschränkt auf einzelvertraglicher Ebene mit den jeweiligen Gläubigern vereinbaren. Ansonsten bleibt nur die Gründung einer Kapitalgesellschaft. GmbH und UG können auch durch nur eine Person gegründet werden.

SmartBusinessPlan: Apropos Kapitalgesellschaft: Was macht deren Gründung in Deutschland eigentlich so langwierig? In der Weltbank-Studie „Doing Business in“ belegen wir Platz 107 im Kriterium „Starting a Business“. Wo wird in der Praxis so viel Zeit verloren?

Jascha Alleyne: Dank der Einführung der UG und der in den letzten Jahren stark erhöhten Reaktionszeit der Registergerichte kann die Gründung und Registrierung einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich bereits in 2-3 Wochen durchgeführt werden; ähnlich verhält es sich bei der GmbH. Ich sehe die Probleme eher bei der Übertragung von Geschäftsanteilen oder der Durchführung einer Kapitalerhöhung. Hier entstehen noch immer Verzögerungen, die den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen können.

SmartBusinessPlan: Welche ist denn die beste Rechtsform für Existenzgründer, wenn sie verhältnismäßig schnell und mit geringem Aufwand starten wollen?

Jascha Alleyne: Außer eine Aktiengesellschaft kann inzwischen eigentlich jede Gesellschaftsgründung schnell auf den Weg gebracht werden. Die GbR und die OHG (Offene Handelsgesellschaft) stechen da besonders heraus, da sie noch nicht einmal den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags voraussetzen. Der ist aber natürlich in jedem Fall sehr, sehr dringend zu empfehlen. Bei den Kapitalgesellschaften kann eine UG ganz simpel mit einem Formularvertrag gegründet werden. Dadurch wird auch hier die Verhandlung eines Gesellschaftsvertrags entbehrlich. Aber naja, das ist natürlich nur eingeschränkt zu empfehlen, weil das Musterprotokoll wenig regelt und Spielräume zum Teil stark einschränkt.

SmartBusinessPlan: Gibt’s denn gute Checklisten und Musterverträge, die Existenzgründern den bürokratischen und finanziellen Aufwand rund ums Thema Rechtsform erleichtern?

Jascha Alleyne: Es gibt sehr gute Gegenüberstellungen der verschiedenen Rechtsformen, die eine erste Orientierung bieten können. Von Musterverträgen, die mit eigener Prosa angereichert werden, rate ich ab. Sie sollten lediglich als Orientierungshilfe benutzt werden.

SmartBusinessPlan: Und jetzt mal Hand aufs Herz: Braucht man wirklich einen teuren Rechtsanwalt für die Wahl der richtigen Rechtsform bei der Existenzgründung?

Jascha Alleyne: Selbstverständlich nicht. Es ist wesentlich spannender zu warten, bis die eigene Existenz auf dem Spiel steht, und erst dann zu einem Rechtsanwalt zu gehen. Dann muss man zwar viel mehr Geld ausgeben als für eine gute Beratung zu Anfang angefallen wäre, aber es wird dem Betroffenen dann wesentlich günstiger vorkommen.

SmartBusinessPlan: Oh, da haben wir wohl einen wunden Punkt erwischt. So schlimm?

Jascha Alleyne: Für die betroffenen Gründer, die z.B. von ihren Geschäftspartnern oder den Investoren ausgebootet werden, weil sie keine entsprechenden vertraglichen Vorkehrungen getroffen haben, für die ist es schlimm. Als Rechtsanwalt wünsche ich mir lediglich, dass die anwaltliche Beratung eines Gründungsvorhabens als selbstverständlich wahrgenommen wird.

SmartBusinessPlan: Vielen Dank, Jascha, und bis bald.

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bhp